OLG Oldenburg gibt neue Marschroute vor

Am 24.03.2021 will sich das OLG Oldenburg unter anderem dazu äußern, wie konkret der geschädigte Verbraucher im Rechtsstreit um die Abgasmanipulationen an seinem Fahrzeug zur behaupteten Abschalteinrichtung vortragen muss.

Dieser Hinweis zur Darlegungspflicht des geschädigten Verbrauchers ist äußerst wichtig. Das OLG Oldenburg gibt hier eine neue Marschroute vor und geht sogar so weit, dass es Sache von Daimler sein dürfte, sich substantiiert zu den Behauptungen des Klägers zu äußern.

Es wäre ein weiteres Beispiel dafür, dass ein OLG ein erstinstanzliches Urteil aufhebt, weil dieses die Klage erstinstanzlich mit dem Hinweis abgewiesen hat, der Kläger habe das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht hinreichend dargelegt und einen „Vortrag ins Blaue hinein“ gehalten. Wenn das OLG Oldenburg aber jetzt die neue Marschroute vorgibt, wonach die Begründung als ausreichend erachtet wird, da der Kläger eben gar nicht konkreter werden könnte, ist das ein absoluter Durchbruch. Dann kann sich Daimler nicht mehr darauf beziehen, dass der Kläger nicht ausreichend zu seinen Vorwürfen Stellung beziehen kann. Das OLG Oldenburg geht sogar so weit und weist darauf hin, dass es die Sache von Daimler sein dürfte, sich substantiiert zu den Behauptungen des Klägers äußern zu müssen.

BGH hebt zum 3. Mal einen Termin bzgl. des Thermofensters bei Mercedes Fahrzeugen auf

Der BGH musste nun zum dritten Mal einen bereits angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung absagen/aufheben (VI ZR 813/20). Zur Begründung teilte der BGH mit, dass der Kläger, wie in den zwei Fällen zuvor, seine Revision zurückgenommen habe. Der Termin war für den 09.03.2021 anberaumt. Zuvor waren bereits für Oktober und Dezember geplante Verhandlungstermine in zwei anderen Verfahren aufgehoben worden, ebenfalls weil die Klageparteien die Revisionen zurückgezogen haben.

Auch in diesem Fall betonte Daimler wieder, dass es auch in dem nun abgesagten dritten Fall keinen Vergleich gegeben oder der Autobauer irgendwie anders auf die Rücknahme der Revision hingewirkt habe. „Wir hätten eine Entscheidung durch den BGH begrüßt“, sagte ein Sprecher. Ob diese Ausführungen tatsächlich zutreffend sind, ist zu bestreiten.

Anders als bei den beiden vorangegangenen Absagen kündigte der BGH diesmal keine neue Verhandlung in einem vergleichbaren Fall an. Damit hat Daimler vorerst das ein großes Problem beseitigen können, nämlich eine höchstrichterliche Entscheidung zum Thermofenster.

Da der EuGH sich auf europäischer Ebene bereits zur unzuläsigkeit von Thermofenstern ausgesprochen hat und Daimler unstrittig, weil sogar eingeräumt, Thermofenster in der Steuerungssoftware programmiert hat, liegt die Vermutung nahe, dass der BGH sich mit seiner Entscheidung der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen hätte. Eine solche Entscheidung hätte eine Welle an Klagen gegen Daimler ausgelöst, welche nur erstmal umschifft werden konnte.

LG Stuttgart contra Daimler, Mercedes Marco Polo 250 d

Das LG Stuttgart hat Daimler mit Urteil vom 09.02.2021, 23 O 175/20 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zu Schadenersatz verurteilt.

Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug, Mercedes Marco Polo 250 d mit dem Motortyp OM 651 und der Abgasnorm Euro 6 liegt eine illegale Abschalteinrichtung im Form der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vor.

Dadurch wird die Abgasreinigung im Prüfbetrieb heruntergeregelt, um während des Prüfzyklus die Grenzwerte einzuhalten. Wegen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung unterliegen bereits viele Fahrzeuge der Daimler AG offiziellen Rückrufen des Kraftfahrt-Bundesamts. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperatur-regelung der Daimler AG ist bei den betroffenen Fahrzeugen nur auf dem Prüfstand aktiviert. Dabei sorgt sie dafür, dass der gesamte Kühlmittelkreislauf kälter bleibt und somit die Temperatur des Motoröls nur langsam ansteigt.

LG Stuttgart contra Daimler, Mercedes V 250

Das LG Stuttgart hat Daimler in dem Verfahren 46 O 94/20 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zu Schadenersatz verurteilt.

Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug, einem Mercedes V 250 Euro 6 mit dem Motortyp OM651 liegt eine illegale Abschalteinrichtung im Form der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vor. Dadurch wird die Abgasreinigung im Prüfbetrieb heruntergeregelt, um während des Prüfzyklus die Grenzwerte einzuhalten. Wegen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung unterliegen bereits viele Fahrzeuge der Daimler AG offiziellen Rückrufen des Kraftfahrt-Bundesamts. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperatur-regelung der Daimler AG ist bei den betroffenen Fahrzeugen nur auf dem Prüfstand aktiviert. Dabei sorgt sie dafür, dass der gesamte Kühlmittelkreislauf kälter bleibt und somit die Temperatur des Motoröls nur langsam ansteigt.

OLG Nürnberg contra Daimler, Mercedes-Benz E 350 BlueTEC 3,0 l, OM642 EURO 6

Das OLG Nürnberg forderte Daimler mit Hinweisbeschluss vom 12.02.2021, 5 U 3555/20 auf, mitzuteilen zu der durch das Kraftfahrt-Bundesamt festgestellten unzulässigen Abschalteinrichtung im Einzelnen Stellung zu nehmen.

Der 5. Senat des OLG Nürnberg wies in seinem Hinweis zu dem Az.: 5 U 3555/20 auch darauf hin, dass der Kläger vor dem Hintergrund des amtlichen Rückrufs des Kraftfahrt-Bundesamtes wegen des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung hinreichend substantiiert vorgetragen habe.

Ferner stellte das OLG Nürnberg klar, dass Daimler, sofern sie das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung bestreiten wolle, gehalten sei, ihrerseits darzulegen, auf welche konkreten Beanstandungen des Emissionskontrollsystems das KBA die Rückrufanordnung gestützt habe. Dazu sei Daimler als Adressatin des Bescheids auch ohne weiteres in der Lage.

Das OLG Nürnber wies Daimler zudem darauf hin, dass eine Erläuterung „zweckmäßig“ erscheine, weshalb Daimler die Auffassung des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht teile.

In dem Rechtsstreit vor dem OLG Nürnberg ist ein Mercedes-Benz E 350 Bluetec 3,0 l mit dem Motortyp OM642 Euro 6 streitgegenständlich.

KBA weist Daimler Widersprüche zurück

Am 4.4.2019 verschickte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) einen Brief an Daimler. Auf vier Seiten wurde seitens der Flensburger Bundesbehörde aufgeführt, wie die Daimler-Ingenieure eine Reihe von Dieselmodellen so präpariert hatten, dass sie auf dem Prüfstand (NEFZ) die Stickoxidgrenzwerte einhalten, auf der Straße hingegen viel zu hohe Werte ausstoßen.

Das KBA stellte verschiedene unzulässige Abschalteinrichtungen fest und erlies eine Reihe von Rückrufbescheiden. Gegen diese legte Daimler unmittelbar Widerspruch ein. Diese Widersprüche hat das KBA nun zurückgewiesen. Das bestätigten nach Informationen von SPIEGEL und Bayerischem Rundfunk sowohl das Bundesverkehrsministerium als KBA-Aufsichtsbehörde als auch Daimler schriftlich auf Anfrage.

»Das KBA hat nahezu alle Widersprüche des Herstellers Daimler gegen KBA-Bescheide zurückgewiesen«, erklärte das Verkehrsministerium auf Anfrage: »Bei einem Widerspruch fehlt noch die Begründung des Herstellers, sodass dieser noch nicht abschließend bearbeitet werden konnte.«

Damit verschieben sich die Erfolgsaussichten der Kläger gegen Daimler weiter zugunsten der Kläger. Wenn die Gerichte ein amtliches Schreiben vom KBA vorliegen haben, kann sich Daimler nicht mehr aus dem Abgasskandal herausreden. Auch müssen keine Gutachten mehr eingeholt werden.

LG Stuttgart contra Daimler

Das LG Stuttgart hat Daimler mit Urteil vom 23.12.2020, 16 O 447/20, erneut zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt.

Daimler muss den streitgegenständlichen Mercedes-Benz ML 350 Bluetec 4MATIC mit dem Motortyp OM642 Euro 6, zurücknehmen und der Klagepartei den Kaufpreis abzüglich einer Nutztungsentschädigung erstatten.

Daimler habe das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht. Die Abgasreinigung arbeite nur unter Bedingungen des NEFZ vollständig. Unter anderen Bedingungen werde sie zurückgefahren, was zu einem Anstieg des Stickoxid-Ausstoßes führe, so dass die Grenzwerte nach der Abgasnorm Euro 6 überschritten werden. Hierbei handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung, führte das LG Stuttgart aus.

Für das Vorliegen einer oder mehrerer unzulässiger Abschalteinrichtungen spreche auch der Rückruf des KBA. Daimler habe den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht widerlegen können, so das LG Stuttgart.

Das Gericht teilt nunmehr die Auffassung des KBA hinsichtlich der unzulässigen Abschalteinrichtung.

BGH reicht Thermofenster nicht für Sittenwidrigkeit

Erstmals hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) am 19.01.2021, Az.: VI ZR 433/19 im Abgasskandal von Daimler zu Schadenersatzansprüchen geäußert.

Der BGH stellte zunächst fest, dass für sich alleine gesehen der Einsatz eines sogenannten Thermofensters zur Abgasregulierung nicht sittenwidrig sei, es müssten schon andere Umstände dazukommen. Nur in der Entwicklung und dem Einbau eines Thermofensters sah der BGH keine sittenwidrige Handlung, da müsse schon mehr hinzukommen.

Die Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung müsse in dem Bewusstsein geschehen sein, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf zu nehmen.

Das Urteil der Vorinstanz, OLG Köln, hob der BGH aber auf und verwies zurück. Das OLG Köln hat Rechtsfehler begangen indem es den Ausführungen des Klägers keine Beachtung geschenkt hat. Der BGH führte wie folgt aus: „Unter Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör hat es dessen Vorbringen nicht berücksichtigt, wonach die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht habe. Mit diesem Vorbringen wird sich das Berufungsgericht zu befassen haben“.

Wenn Daimler also das KBA nicht im Genehmigungsprozess über den Einsatz des Thermofensters aufgeklärt hat, kann dies dann zur Sittenwidrigkeit führen. Warum sollte der Hersteller denn etwas gegenüber der Behörde verheimlichen, wenn er von der Legalität ausgeht. Auch durch die zahlreichen Rückrufe des KBA lässt sich nach dem BGH-Urteil der Eindruck nicht mehr verwischen, dass es zu „unzutreffenden Angaben“ gekommen ist.

Neben den Vorwürfen des Vorhandenseins eines Thermofensters kommen die Vorwürfe um die Kühlmittelsolltemperatur und die Manipulation bei der AdBlue-Eindüsung hinzu. Diesbezüglich haben bereits einige Gerichte Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Sollten diese Vorwürfe bestätigt werden, wäre die erforderliche Sittenwidrigkeit zu bejahen und Daimler, ebenso wie der VW-Konzern mit allen zugehörigen Herstellern schadenersatzpflichtig.

LG Siegen holt Sachverständigengutachten bzgl. Mercedes-Benz GLC 220 d ein

Das LG Siegen hat mit Beschluss vom 22.12.2020 in dem verfahren 1 O 76/19 nunmehr einen Beweisbeschluss erlassen, wonach ein Sachverständiger die klägerseits behaupteten Abschalteinrichtungen mit einem Gutachten überprüfen soll.

Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen Mercedes-Benz GLC 220 d mit dem Motortyp OM651 Euro 6.

Daimler hatte zuvor alles bestritten und geschwärzte Bescheide vorgelegt.